Der Karmann Ghia - Sportwagen-Design kombiniert mit Käfer-Technik
Der VW Karmann Ghia hatte zwar das Aussehen eines Sportwagens, aber mit seiner anfänglichen Motorvariante mit etwa 30 PS erreichte er nur eine Höchstgeschwindigkeit von 118 km/h. “Hausfrauenporsche” und “Sekretärinnenferrari” waren noch harmlose Äußerungen für ein Auto, das die Nachkriegszeit in Deutschland mitprägte. Durch seine zeitlose Eleganz mit einem Hauch von Sportlichkeit und seiner klassischen Form hat er jedoch auch nach sechs Jahrzehnten, seit der erste seiner Art serienmäßig vom Band lief, nichts von seinem italienischen Charme verloren.
Der Oldtimer Karmann Ghia von Volkswagen wurde als Coupé und Cabriolet von 1955 bis 1974 gefertigt. Im ersten VW Karmann Ghia (Typ 14) verbaute man den gleichen Motor wie im Käfer. Mit diesem Boxermotor (30 PS / 22 kW) konnte man nicht einmal 120 km/h fahren.
Was heute keinen Classic Cars Liebhaber mehr stört, sorgte damals für viel Furore: Das Aussehen eines Sportwagens, aber in Sachen Leistung eigentlich “nur” ein Käfer. Für Volkswagen bedeutete der Karmann Ghia damals allerdings einen großen Imagegewinn.
Volkswagen Karmann Ghia: 5 interessante Fakten
Der Volkswagen Karmann-Ghia gehört zu den Autos, die nahezu jeder mag, weil er einfach ein grundsätzlich schönes Auto ist. Er ist elegant und freundlich, kurvenreich und schnittig zugleich, dabei aber zugänglich und einladend. Es hat ein einfach wunderschönes Design und war der Vorreiter für die Idee eines sportlichen Autos, im Gegensatz zu einem echten Sportwagen. Der Karmann Ghia sieht aus, als wäre er schnell, aber er ist es nicht. Aber das war ihm schon immer egal.
1) Das Design des Karmann Ghia stammt ursprünglich von einem Chrysler-Showcar
Das Design, aus dem später der Karmann-Ghia geboren wurde, begann als Showcar, das Virgil Exner für Chrysler entwarf: Der Chrysler D'Elegance.
Mr.choppers, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Photo by CEphoto, Uwe Aranas
Die US-amerikanische Automobilmarke Chrysler und das italienische Karosseriebau- und Designhaus Ghia hatten in den 1950er Jahren eine Partnerschaft, deren Ergebnis eine Reihe gemeinsamer Show- und Konzeptautos war. Eines davon, das 1952 von Exner entworfen und von Ghia gebaut wurde, war als D'Elegance bekannt.
Der D'Elegance trug die deutliche Handschrift des Designers Virgil Exner – vor allem eine gewisse elegante Zurückhaltung gegenüber übermäßigen Verzierungen.
Obwohl Chryslers Showcar einige Aufmerksamkeit erhielt und positiv aufgenommen wurde, wurde das Designkonzept von Chrysler nicht weiter verfolgt.
Dann kam es, dass VW eine sportliche Variante des Käfers bauen wollte, aber mit den Designentwürfen des langjähren Cabrio-Bau-Partners Karmann nicht wirklich zufrieden war. Also bat Karmann das italienischen Karosseriebau- und Designhaus Ghia um Hilfe. Ghia erinnerte sich an den nicht mehr benötigten Entwurf des D'Elegance und dachte sich, dass das lange Heck des D'Elegance gut zum Heckmotor-Design von VW passte. Ghia überarbeitete das Design so weit, dass es auf ein nur leicht verbreitertes Käfer-Chassis passte.
So wurde der Karmann-Ghia mit 500.000 gebauten Exemplaren zwischen 1955 und 1974, dass am häufigsten Produzierte, von Virgil Exner gestaltete, Design.
2) Der Karmann Ghia entstand quasi in Handarbeit
Im Gegensatz zu den meisten anderen Autos, besteht die Karosserie des Karmann Ghia komplett aus einem Stück, was auch zu seinem unverwechselbaren Aussehen beiträgt.
Einzig die beweglichen Teile wie Türen, Motorhaube und Kofferraumdeckel bilden hier eine Ausnahme. Ein Vorteil dieser Fertigung: es gab keine Probleme mit Spaltmaßen, da es schlicht keine Spaltmaße gab.
Für die Besitzer hatte und hat es aber Nachteile, dass die Fertigung in mühsamer Handarbeit geschweißt und geschliffen wurde: bei einem Unfall lassen sich nicht mal eben einzelne Teile wie der Kotflügel oder der Kühlergrill austauschen. Im Falle eines Falles braucht es hierzu geschickte Handwerker mit viel Geduld.
Zum Vergleich: Bei einem Käfer ist der Kotflügel mit 10 Schrauben befestigt und in maximal 20 Minuten komplett ausgetauscht.
Da es sehr häufig Schäden an der exponierten „Nase“ des Karmann Ghia gab, entstand hier schon bald ein reger Markt für günstige Kühlergrill-Attrappen, die man einfach über die verbeulte Nase stülpen konnte.
3) „Bei einem Rennen werden Sie verlieren“
Auch wenn der Karmann Ghia optisch wie ein flotter italienischer Sportwagen daher kam: dass mit dem 40 PS (später 50 PS) –Motor aus dem Käfer kein Geschwindigkeitsrekord aufzustellen sein würde, war auch Volkswagen klar.
Dies machte sich VW aber geschickt zu Nutze, indem sie im Marketing auf Zuverlässigkeit, Sparsamkeit und dem schicken Sportwagen-Look setzten. „Erwarten Sie nur nicht, irgendwelche Rennen zu gewinnen“ – war die klare Ansage des Autobauers.
Soviel Selbstbewusstsein und Selbstironie findet man heute eher nicht mehr, in der Automobilwerbung. Damals ging die Strategie auf. – Und die Spitznamen „Hausfrauen-Porsche“, „Sekretärinnenferrari“ oder im englischen „The Pussycat (Miezekätzchen / Angsthase / Softie)“ waren auch eher liebevoll, denn abwertend gemeint.
4) Der Karmann Ghia basiert nicht wirklich auf einem Käfer Chassis
Die Aussage der Karmann-Ghia sei nur ein Käfer mit schnittiger Karosserie, stimmt genaugenommen nicht so ganz. Die breite Karosserie des Karmann Ghia erforderte es, auch das Chassis um ungefähr 10 cm zu verbreitern.
Das breitere Chassis fand dann übrigens auch noch im Kübel (VW Typ 181) und dem rein brasilianischen Modell "Brasilia" Verwendung.
5) Der Karmann Ghia ist der beste Porsche 356, den man für kleines Geld haben kann
Der Karmann Ghia war nie ein echter Sportwagen und wollte auch keiner sein.
Aber nachdem die Produktion des Porsche 356 im Jahr 1965 eingestellt wurde, war der Karmann-Ghia plötzlich das Auto, das dem alten 356 in Design und Charakter am nächsten kam.
Wer ein wenig von dem 356-Gefühl haben wollte (oder auch heute noch will), aber nicht den kostspieligen Sprung zum großen, leistungsstarken Porsche machen möchte, findet im Karmann Ghia eine gute Alternative.
Es beinhaltet eine gewisse Ironie, dass ein Auto, welches nie ein echter Sportwagen sein wollte, teilweise als Ersatz für einen der legendärsten Sportwagen aller Zeiten gesehen wurde.
Die Baureihen des VW Karmann Ghias
1955 startete Volkswagen mit der Produktion des Coupé. Der erste Karmann Ghia Coupé war damals 7500 Mark teuer. Zwei Jahre später brachte man einen Karmann Ghia Carbriolet heraus. Das Design des Karmann Ghia Typ 14 veränderte man in den folgenden Jahren kaum. Zwischen 1970 und 1974 motorisierte Volkswagen Typ 14 etwas stärker und zwar auf 50 PS / 37 kW. Somit erreichte man immerhin eine Geschwindigkeit von 140 km/h. 1968 nahm Volkswagen für den Karmann Ghia das Automatikgetriebe ins Programm. Volkswagen stellte 1974 letztendlich die Produktion ein und bis dato hatte Volkswagen etwa 385.000 Coupés und 80.000 Cabriolets verkauft.
Es folgte in 1961 der Typ 34, ein stärker motorisiertes Coupé-Modell, welches häufig auch “großer Karmann” genannt wurde. Das Design des Karmann Typ 34 wurde überarbeitet. Das neue Modell wies eine deutlich kantigere Karrosserie und einen höheren Dachaufbau sowie längere Heckklappe auf. Der Typ 34 war das hochwertigste Auto von Volkswagen und wurde für 8750 Mark verkauft. Mit der in 1965 neu motorisierten Version (54 PS / 40kW), basierend auf dem VW 1600, konnte man eine Geschwindigkeit von 150 km/h erreichen. 1969 stellt man die Baureihe ein. Der Coupé VW Karmann Ghia Typ 34 verkaufte man nur 40.000 Mal. Er kam nie an den Erfolg seines Vorgängers Typ 14 heran.
Unsere erste Karmann Ghia-Restauration 2018:
Volkswagen Karmann Ghia:
Sammlerstück und Publikumsliebling
Mittlerweile sind Karmann Ghias als Publikumslieblinge auf vielen Oldtimerausstellungen zu finden. Ihre problemlose Verfügbarkeit von Teilen und ihre anmutige Erscheinung machen Sie zu einem der hochwertigeren Volkswagen-Klassikern. Wie auch zahlreiche andere Modelle aus den 1950er und 1960er Jahren hat der Karmann-Ghia eine beachtliche Fangemeinde. Häufig sind die Fahrer in Gruppen oder Vereinen organisiert und gehen bei Treffen und Ausflügen ihrem gemeinsamen Hobby nach.
Warum die Amerikaner den Karmann liebten
Etwa die Hälfte aller VW Karmann-Ghia (Typ 14) ging nach Amerika, ein Land mit großen Entfernungen und weiten Straßen. Man fragt sich also erstmal, was die Amerikaner an dem kleinen und vergleichsweise langsamen Karmann-Ghia fanden.
Mit Spannung wurde der neue Volkswagen von den amerikanischen Autozeitschriften getestet. Und sie waren mehr als beeindruckt von dem eleganten Äußeren, der hervorragenden Rundumsicht, den verbesserten Fahrleistungen und den optimierten Fahreigenschaften dank der breiteren Spur. Dies änderte sich auch in den nächsten Jahren nicht, in denen der Karmann-Ghia im Gleichschritt mit dem Käfer an Hubraum, Leistung und Ausstattung gewann.
Im Übrigen unterscheidet sich das Fahren des Karmann-Ghi kaum vom Fahren mit einem Käfer. Vom Heck her gibt es den komfortablen und charakteristischen Boxer-Viertakt-Sound, die Schaltwege sind relativ lang, die Pedale stehen still. Mit knapp über 40 PS ist man gut bedient, vor allem im üblichen Oldtimer-Tempo. Gut vorstellbar, dass der Wagen auf den geschwindigkeitsregulierten amerikanischen Highways eine gute Figur machte.
Die wichtigsten Fakten zum VW Karmann Ghia
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Die verschiedenen Typen des Karmann Ghias:
Im ersten Baujahr produzierte man Typ 14 als Coupé. Zwei Jahre später folgte Typ 14 als Cabriolet mit Stoffdach. 1961 bringt man Typ 34, eine abgeänderte und stärker motorisierte Version des Typ 14, in Form eines Coupés auf den Markt. -
Die Karosserie aus einem Stück:
Anders als bei modernen Autos besteht die Karosserie des Karmann Ghias “aus einem Stück”. Bei der Restauration kann man keine einzelnen Teile austauschen, sondern muss gegebenenfalls schweißen. -
Die Zulassungen heute in Deutschland:
In Deutschland ist der Karmann Ghia heute knapp 3000 Mal zugelassen -
Der Namensursprung:
Karmann war ein Automobilzulieferer. Ghia kommt im Namen des Classic Cars vor, weil es das italienische Designstudio Carrozzeria Ghia gab, wo das Design des Autos entstanden ist. -
Die Produktionsstätten:
Bei Karmann in Osnabrück (Typ 14 und Typ 34) und in São Bernardo do Campo nahe São Paulo in Brasilien (Typ TC ist eine veränderte Version des Typ 14 und in Europa weitgehend unbekannt). -
Der Verkaufspreis damals:
Der erste Karmann Ghia Typ 14 Coupé wurde für 7500 Euro verkauft. Das Coupé Modell Typ 34 wurde damals für 8500 Mark verkauft. -
Der Verkaufspreis heute:
Es ist ganz unterschiedlich. Man kann einen Karmann Ghia heute ohne Weiteres je nach Motorisierung und Zustand zu einem Preis von weit über 50.000 Euro erwerben. Wenn man günstig erworbene Karmann Ghias restaurieren möchte, muss man für den Karosserieaufbau meistens allein nochmal den Kaufpreis aufwenden.